Bürgermedaillen verliehen

Jörg Armbruster, Anni Fischer und Erich Jais mit der Bürgermedaille in Gold ausgezeichnet

Der Name Jörg Armbruster ist fast untrennbar mit der Bürgerstiftung verbunden, Anni Fischer ist Motor und Gesicht des Seniorenforums und Erich Jais hat die Flüchtlingshilfe Kehl sowie den Arbeitskreis Christen und Muslime gegründet. Beim Bürgerfest am Samstag (13. Mai) sind alle drei mit der Bürgermedaille der Stadt Kehl ausgezeichnet worden, weil sie über viele Jahre hinweg „in besonderer und hervorragender Weise zum Wohle der Stadt Kehl und ihrer Bevölkerung gewirkt haben“, wie Oberbürgermeister Wolfram Britz auf der Marktplatzbühne erläuterte. Alle drei machten nach der Verleihung deutlich, dass die Ehrung aus ihrer Sicht der jeweiligen Gruppierung gelte, die sie vertreten.

die vier Personen stehen nebeneinander auf der Bühne
Die Stadt hat eine neue Trägerin und zwei neue Träger der Bürgermedaille in Gold: Oberbürgermeister Wolfram Britz (links) zeichnete am 13. Mai Jörg Armbruster (Zweiter von links), Anni Fischer und Erich Jais für ihre hervorragenden Verdienste um das Gemeinwohl der Stadt Kehl aus.

Jörg Armbruster

„Wer von der erfolgreichen Arbeit der Bürgerstiftung spricht, spricht auch von Ihnen“, leitete der OB die Laudatio auf Jörg Armbruster ein. Seit der Gründung der Bürgerstiftung 2006 war der einstige Beigeordnete der Stadt Kehl deren Vorstandsvorsitzender. Unter seiner Ägide ist die Zahl der Stifter von zehn auf 243 (Stand Ende März) und das Stiftungsvermögen von 84 000 auf fast drei Millionen Euro gewachsen. Fast 200 000 Euro kann die Stiftung inzwischen jährlich für Förderprojekte ausgeben.

Dass die Bürgerstiftung seit ihrer Gründung gerade im sozialen Bereich so viel Gutes habe tun können, hänge in hohem Maße mit der Persönlichkeit von Jörg Armbruster zusammen: Den Bekanntheitsgrad, den er sich in den 16 Jahren als Bau- und Sozialbürgermeister erworben habe, habe er – ebenso wie seine breite Vernetzung in der Stadtgesellschaft – zum Wohle der Stiftung eingesetzt: „Man kannte Sie, Ihr Engagement und Ihr von der katholischen Jugendarbeit geprägtes großes Herz.“ Jörg Armbrusters Vorgehen, zunächst bei der Stadt, danach bei der Bürgerstiftung sei davon geprägt gewesen, „dass Sie Probleme und Projekte auch im sozialen Bereich als Ingenieur angepackt haben“, sagte Wolfram Britz. „Gestalten bedeutete für Sie: Probleme zu identifizieren, ihnen auf den Grund zu gehen und sie zu lösen.“

OB und Jörg Armbruster, mit Bürgermedaille in der Hand, auf der Bühne
Für sein 17-jähriges Engagement als Vorstandsvorsitzender der Bürgerstiftung Kehl wurde Jörg Armbruster mit der Bürgermedaille ausgezeichnet.

Genau dafür sprächen die Leuchtturmprojekte der Bürgerstiftung, wie die Begegnung von jungen Menschen mit in Altersheimen lebenden Demenzkranken, die Qualifizierung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge in der Metallverarbeitung oder die Finanzierung des Musikunterrichts für Kinder aus sozial schwächeren Familien. Darüber hinaus kümmere sich die Bürgerstiftung um das Thema Gewalt in der Familie und unterstütze seit der Corona-Pandemie die Kehler Tafel, die durch den Zuzug von Geflüchteten aus der Ukraine und dem aufgrund der hohen Inflation gewachsenen Kundenkreis eine enorm gestiegene Nachfrage bewältigen müsse. Die Projekte zeigten: „Die Bürgerstiftung ist da, wo Hilfe gebraucht wird“, lobte der OB und hob hervor, dass dies auch in Einzelfällen gelte – „zum Beispiel, wenn Familien beim Brand ihres Hauses alles verloren haben“.

Er sehe die Bürgermedaille als Auszeichnung für die Bürgerstiftung, erklärte Jörg Armbruster in seinen Dankesworten, die er auch an seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter in der Stiftung richtete. Man sei sich freundschaftlich verbunden und nur gemeinsam könne man „die Stiftung mit Macht voranbringen“. Außerdem nutzte er die Gelegenheit, für das neue Großprojekt der Stiftung – die Einrichtung einer Außenstelle des Frauenhauses Offenburg – zu werben und hofft, dass möglichst viele Menschen, „die Auszeichnung als Ansporn sehen, dies zu unterstützen“.

Anni Fischer

Wie die Bürgerstiftung hat auch das Seniorenforum klein angefangen: Was ihr Mann, Walter Fischer, 2003 in einem winzigen Büro mit Schreibtisch, Regal und Telefon, begonnen hatte, setzt Anni Fischer seit seinem Tode 2010 fort. Aus einer Projektbörse von Senioren für Senioren ist unter ihrer Führung eine Einrichtung mit etwa 40 Kursleiterinnen und -leitern geworden, die aktiven Älteren allmonatlich eine hohe zweistellige Zahl an Aktivitäten anbieten.

Anni Fischer, lachend, mit Bürgermedaille in der Hand, neben OB Britz auf der Bühne
Freut sich über die Auszeichnung mit der Bürgermedaille: Anni Fischer, seit 13 Jahren Gesicht und Motor des Seniorenforums.

„Zu Ihren Verdiensten, liebe Frau Fischer, gehört, dass Sie erkannt haben, dass wir den Zusammenhalt in unserer Stadtgesellschaft nur gemeinsam erhalten können“, erklärte Oberbürgermeister Wolfram Britz und benannte Einsamkeit und besonders Vereinsamung im Alter auch in einer kleinen Stadt wie Kehl als wichtige Themen: „Mit dem Seniorenforum bieten Sie Menschen auf niederschwellige Art einen Treffpunkt, über Ihre Angebote einen leichten Einstieg in eine Gemeinschaft und bereiten den Boden für das Entstehen von neuen Freundschaften.“

Als es endlich Impfstoffe gegen Corona gegeben habe, habe Anni Fischer nicht gezögert, die Vermittlung von Impfterminen vor allem für alleinlebende Seniorinnen und Senioren zu übernehmen, die mit der Buchung übers Internet überfordert gewesen seien. „Sie haben eine kleine Mannschaft gebildet – heute sagt man Task Force“, witzelte der OB, „und sich ans Handy gesetzt“. Wobei das im Falle von Anni Fischer eine glatte Untertreibung war: Sie war teilweise zeitgleich mit fünf Handys in Warteschleifen, um die begehrten Termine für Menschen zu ergattern, die sich hilfesuchend gemeldet hatten. Insgesamt hat das Team des Seniorenforums wohl um die 2000 Termine vermittelt. Als die ersten Geflüchteten aus der Ukraine in Kehl anlangten, war Anni Fischer mit dem Seniorenforum sofort wieder bereit, bei der telefonischen Vermittlung von Sachspenden zu helfen.

Die Stadt und das Seniorenforum seien über die Jahre zu guten Partnern geworden, „die sich wechselseitig unterstützen“, sagte der OB. Wie sehr auch der Gemeinderat die Arbeit des Seniorenforum schätze, zeige das heutige Domizil der Einrichtung: Nach mehrmaligen Umzügen – vom Rathaus ins Jugendheim der Christuskirche, dann in die Villa RiWa – hat das Seniorenforum im an- und umgebauten Erdgeschoss der Stadthalle mit sechs auf 260 Quadratmeter verteilten Räumen seinen festen Platz gefunden. 430 000 Euro hat die Stadt in die Baumaßnahme investiert.

Anni Fischer dankte OB Wolfram Britz, „dass Sie meinen Mann erwähnt haben“: Er habe das Pflänzchen Seniorenbüro gepflanzt, heute gebe es ein ganzes Team. „Alleine hätte ich das nicht schaffen können“, sagte Anni Fischer, „eigentlich hätte das ganze Team die Bürgermedaille bekommen müssen“.

Erich Jais

Als Erich Jais im Sommer 2014 in seinem Wohnzimmer die Flüchtlingshilfe Kehl gründete, lebten 74 Menschen mit Fluchthintergrund in der Rheinstadt. Und das bereits seit mehreren Jahren. „Mit Ihrem ausgeprägten und feinen Gespür für Umbrüche und Veränderungen haben Sie bereits kommen sehen, was uns ein Jahr später ereilte“, beschrieb OB Wolfram Britz die Weitsicht des früheren Rektors der Falkenhausenschule. Während die Stadtverwaltung vollauf damit beschäftigt gewesen sei, Gemeinschaftsunterkünfte einzurichten und Wohnraum für die Menschen zu finden, die in größeren Gruppen in rascher Folge nach Kehl gebracht wurden, habe Erich Jais ein Netzwerk von 150 ehrenamtlichen Familien- und Sprachpaten aufgebaut. „Sie waren immer da, immer erreichbar. Ich kenne niemanden, der je erlebt hat, dass Sie abgelehnt hätten, zu helfen; nicht spät abends und auch nicht an Wochenenden.“ Mit Ruhe und Pragmatismus habe Erich Jais gerade in der heißen Phase in den Jahren 2015 und 2016 „zur Abkühlung mancher Gemüter und zur Befriedung so einiger Situationen beigetragen“, konstatierte der OB. Schon kurz nach dem Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine habe Erich Jais das Netzwerk der Flüchtlingshilfe wieder aktiviert: „Sie waren von der ersten Stunde an wieder da.“

Erich Jais blickt hoch zu OB Britz, der mit dem Rücken zum Publikum steht
Erich Jais, Gründer der Flüchtlingshilfe Kehl und des Arbeitskreises Christen und Muslime wurde für seinen unermüdlichen Einsatz für die Verständigung zwischen Kulturen und Religionen ebenfalls mit der Bürgermedaille in Gold ausgezeichnet.

Erich Jais sei bereits 2001 davon überzeugt gewesen, dass viele Missverständnisse zwischen Angehörigen unterschiedlicher Religionen nur daher rührten, dass die Gruppen zu wenig voneinander wussten. So initiierte er zu einer Zeit, als die Ökumene, also die Kooperation der katholischen und der evangelischen Kirche gerade begann, Normalität zu werden, bereits den Arbeitskreis Christen und Muslime. Im Gespräch im kleinen Kreis und im geschützten Raum konnten die Gläubigen beider Religionen ihre Fragen offen stellen und die Themen ansprechen, die ihnen wichtig waren. Durch den Austausch sei Verständnis entstanden und daraus Vertrauen erwachsen, berichtete der OB: „Christen wie Muslime wurden zu Botschaftern der jeweils anderen Religion und konnten ihre Erfahrungen weitertragen.“

Auch durch das deutsch-türkische Frühstück habe Erich Jais dazu beigetragen, dass sich Kehlerinnen und Kehler unterschiedlicher Herkunft und Religion in einem zwanglosen Rahmen begegnen und miteinander ins Gespräch kommen konnten. Dabei seien so manche freundschaftliche Bande geknüpft worden. All dies wirke bis heute nach und habe mit Sicherheit dazu beigetragen, dass der Bau der Moschee ohne Proteste habe erfolgen können. Bei all diesem ungeheuren Engagement habe Erich Jais nie Aufhebens um sich selbst gemacht: „Sie haben sich nie in den Vordergrund, aber immer in den Dienst der Sache und vor allem Ihrer Mitmenschen gestellt“, sagte Wolfram Britz, bevor er die dritte Bürgermedaille überreichte.

Die Arbeit in der Flüchtlingshilfe bezeichnete Erich Jais in seiner kleinen Dankesrede „als sehr bereichernd“. Zum einen wegen der Kontakte der Mitglieder der Initiative untereinander, zum anderen aber, weil man neue Kulturen kennen lerne. Deshalb habe die ganze Gruppierung die Bürgermedaille verdient. Er nutzte die Gelegenheit, um darauf hinzuweisen, dass in den Ehrungsrichtlinien aus seiner Sicht ein Punkt fehlt: Mit der Bürgermedaille würden langjährige und hervorragende Leistungen auf kommunalpolitischem, wirtschaftlichem, sozialem, kulturellem, ökologischem oder wissenschaftlichem Gebiet gewürdigt. „Das Gebiet der Religion wurde vergessen – bitte aufnehmen“, forderte er den Gemeinderat auf.