Diese Änderungen im Verfahren sind ein erster wichtiger Schritt in einer Reihe weiterer Maßnahmen, mit denen wir unsere Haushaltspläne auf ein modernes, zielorientiertes Niveau heben und nachhaltiger gestalten wollen.
Wir fangen deshalb mit dem Baubereich an, weil hier das größte Investitionsvolumen umgesetzt wird und weil wir hier die höchsten Haushaltsüberträge haben.
Viele von Ihnen werden sich daran erinnern, dass wir in früheren Jahren komplette Jahresarbeitsprogramme im Gebäudemanagement oder im Tiefbau von einem Doppelhaushalt in den nächsten mitgenommen haben.
Im vergangenen Jahr haben wir im Nachtragshaushalt für 2024 die Baumaßnahmen erstmals um 9,5 Millionen Euro auf 21 Millionen Euro reduziert. Zusätzlich haben wir von 2023 auf 2024 Überträge von 30 Millionen Euro mitgezogen – eine Rekordsumme.
Das werden wir nicht mehr tun. Wir werden Überträge innerhalb eines Doppelhaushalts vom ersten auf das zweite Jahr großzügig handhaben, von einem Doppelhaushalt auf den nächsten aber auf ein Minimum beschränken.
Anders ausgedrückt: In einen Doppelhaushalt begonnene Projekte laufen auch im nächsten weiter. Projekte, die nicht begonnen wurden, müssen für den nächsten Doppelhaushalt neu angemeldet und im Gemeinderat wieder in die Prioritätenliste eingeordnet werden.
Finanz- und Personalkapazität bilden eine Art rote Linie: Alle Projekte über der Linie werden in den Haushaltsplan aufgenommen, was darunter steht, taucht im aktuellen Doppelhaushalt nicht auf – und wird auch nicht automatisch in die mittelfristige Finanzplanung geschoben.
Das bedeutet: Wenn Sie beschließen, welche Vorhaben umgesetzt werden, entscheiden Sie gleichzeitig, welche ihren Weg nicht in den Haushaltsplan finden. Damit steht jedes Projekt in Konkurrenz zu jedem anderen.
Natürlich kann die Prioritätenliste im Laufe des Haushaltszeitraums wieder aufgemacht werden: Kommt ein neues Vorhaben auf, das der Gemeinderat umgesetzt sehen möchte, entscheiden Sie, an welcher Stelle in der Prioritätenliste dieses eingeschoben wird.
Das hat zwangsläufig zur Folge, dass ein anderes Projekt unter die rote Linie rutscht und damit im aktuellen Doppelhaushalt nicht realisiert wird.
Natürlich werden wir einen gewissen Puffer einbauen, um Leerlauf zu vermeiden, sollte es bei der Umsetzung eines Vorhabens unvorhergesehene Schwierigkeiten oder Verzögerungen geben, die wir nicht beeinflussen können.
Auch in der Bauunterhaltung wird es diesen Puffer für unvorhersehbare Maßnahmen geben.
Unser Ziel ist es jedoch, auch Unterhaltungsmaßnahmen neu zu denken: Wir wollen Flickwerk durch durchdachte Sanierungskonzepte ersetzen, die uns eine deutliche Verbesserung der Qualität des jeweiligen Gebäudes versprechen.
Allerdings kann uns das nur gelingen, wenn wir endlich ernstmachen und unseren Bestand von fast 140 Gebäuden deutlich reduzieren, den wir in guten Jahren aufgebaut haben.
Darüber sprechen wir in Kehl schon seit Jahrzehnten – jetzt müssen wir handeln.
Natürlich mangelt es nie an – guten – Ideen dazu, wie Gebäude genutzt werden könnten und es findet sich immer ein Verein oder eine Gruppierung, die gerne eigene Räume hätte: Wir haben aber schon seit Jahren das Problem, dass wir uns – vor allem mangels ausreichender Personalkapazität – um unsere Häuser nicht so kümmern können, wie das nötig wäre, um auch nur den Bestand zu sichern.
So haben wir über viele Jahre, ja Jahrzehnte hinweg, einen Instandhaltungsstau aufgebaut, den wir so nicht mehr abarbeiten können.
Das ist aber nur ein Grund, weshalb wir uns von einer Vielzahl von Gebäuden trennen müssen. Spätestens bis 2040 müssen wir als Stadt klimaneutral sein – hier werden alle städtischen Liegenschaften einbezogen.
Daher sind unser Gebäudemanagement und der Bereich Liegenschaften dabei, ein Portfolio der Immobilien im städtischen Besitz aufzustellen, das uns als Orientierungshilfe bei der Entscheidung dienen wird, welche Häuser wir veräußern können.
Diese Entscheidungen werden uns nicht leichtfallen, manche werden weh tun, aber wir haben aus verschiedenen Gründen keine Wahl.
Nach diesen Bemerkungen zum neuen Verfahren komme ich zum Vorentwurf des Haushaltes, dessen Eckdaten Ihnen im Nachgang Herr Fäßler näher erläutern wird.
Wir legen diesen Haushaltsentwurf in einer geopolitisch turbulenten Zeit vor, die geprägt ist von anhaltenden Kriegen in der Ukraine und in Nahost. Wenn wir über die wirtschaftlichen Auswirkungen bei uns sprechen, sollten wir nicht vergessen, in welch‘ privilegierter Lage wir uns befinden, weil wir in Frieden leben dürfen.
Baupreissteigerungen von etwa 4,5 Prozent verteuern unsere Projekte und wir rechnen mit niedrigeren Steigerungsraten beim Gewerbesteueraufkommen. Aber wir sprechen noch immer von Steigerungsraten und können – Stand 21. September – in diesem Jahr mit 35,4 Millionen Euro Gewerbesteuer rechnen.
Durch unsere mittelständischen Unternehmen und durch den Umstand, dass die Unternehmen in Kehl einen breiten Branchenmix abbilden, sind wir in der glücklichen Lage, dass unser Haushalt von einer starken Wirtschaft mit einem guten Steueraufkommen getragen wird. Mit unseren Gewerbegebieten und dem Kehler Hafen wird uns vieles ermöglicht.
Weil unsere Haushalte in den zurückliegenden Jahren – ich spreche hier von den Jahren 2014 bis 2018 – deutlich besser abgeschlossen haben, als wir das in unseren Haushaltsplänen vorausgesehen haben, stützen wir uns auf eine in Termingeldern gebundenen Liquiditätsrücklage in Höhe von derzeit 107 Millionen Euro.
Das bedeutet nicht, dass wir im Geld schwimmen oder dieses mit vollen Händen ausgegeben können. Keineswegs.
Darüber hinaus sehen wir uns vor einem rund 30 Millionen Euro umfassenden Investitionsprogramm für die Ganztagsbetreuung unserer Grundschulkinder, wofür wir jedoch erhebliche Zuschüsse vom Land erwarten.
Während wir uns diese Investitionen für sich betrachtet leisten können, verschlechtert sich unser ordentliches Ergebnis in den Doppelhaushaltsjahren 2025 und 2026 deutlich. Das liegt vor allem daran, dass unsere Aufwendung stärker steigen als unsere Erträge.
Die höchste Steigerungsrate im neuen Doppelhaushalt weist mit 27,4 Prozent der Transferaufwand aus. Der setzt sich vor allem aus der Finanzausgleichsumlage und der Kreisumlage zusammen – beide sind durch die Stadt nicht beeinflussbar und übersteigen in den nächsten beiden Jahren deutlich die Personalausgaben, den sonst größten Ausgabeblock im Ergebnishaushalt. An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass hier bislang keine neuen Personalstellen eingerechnet sind.
Auch die Abschreibungen belasten mit einer Steigerung von fast 19 Prozent unseren Doppelhaushalt und werden in den Folgejahren weiter zunehmen. Dies liegt daran, dass bei der Erstellung der Eröffnungsbilanz 2014 viele der städtischen Anlagen bereits abgeschrieben waren. Nach Generalsanierungen sind diese mit dem vollen Abschreibungssatz anzusetzen – bei Neubauten gilt das ohnehin.
Weil wir verpflichtet sind, dauerhaft einen ausgeglichenen Ergebnishaushalt zu erwirtschaften, müssen wir unsere Einnahmen steigern und unsere Aufwendungen verringern.
Wir denken dabei nicht an Steuererhöhungen: Wir sind im Corona-Doppelhaushalt mit den Hebesätzen aus unserer Sicht ziemlich an die Grenzen gegangen. Bei der Grundsteuer blockiert ohnehin die Reform Veränderungen nach oben: Sie erinnern sich daran, dass wir gehalten sind, die Reform für unsere Einnahmen aufkommensneutral umzusetzen.
Bei der Gewerbesteuer könnte man noch etwas Luft sehen – ich warne aber davor, in diesen wirtschaftlich schwierigen und unsicheren Zeiten unsere Unternehmen zusätzlich zu belasten.
Ich spreche bewusst davon, dass wir diese Angebote auf den Prüfstand stellen und nicht von streichen: Kreative Lösungen können es – zumindest in einigen Bereichen – ermöglichen, dass Einsparungen und Verbesserungen Hand in Hand gehen.
Ich möchte ein Beispiel nennen: Unser Stadtentwicklungskonzept ist inzwischen schon ein paar Jahre alt. Wir haben es mit einer breiten Bürgerbeteiligung erarbeitet und mit großer Mehrheit hier im Gemeinderat beschlossen.
Ein Kernpunkt des Konzeptes ist es, dass wir in Raumschaften denken. Wir haben damit angefangen – aber aus meiner Sicht – in eher bescheidener Form. Hier ist noch Luft nach oben.
Was ich vorher zum zwingend notwendigen Verkauf von städtischen Immobilien gesagt habe, gilt auch hier: Wir müssen jetzt vom Drüberreden zum Handeln kommen.
Wir können unsere notwendigen und zukunftsweisenden Investitionen nur dann umsetzen, wenn es uns gelingt, unseren Ergebnishaushalt zu konsolidieren.
Ich habe es eingangs gesagt: Wir legen heute einen Vorentwurf des Doppelhaushalts vor, der sich in den nächsten Wochen und Monaten noch verändern wird und muss – vor allem, was die negativen Saldi des Ergebnishaushaltes betrifft.
Es geht uns nicht schlecht in Kehl, doch wir stehen an einem Kipppunkt: Wir leben in Kehl sehr gut und das ist schön. Es liegt in der Natur des Menschen, dass er sich an Annehmlichkeiten sehr schnell gewöhnt und sie als selbstverständlich begreift.
Wenn wir in den nächsten Jahren auf das ein oder andere verzichten müssten, ist es keine Katastrophe.
Ich bin überzeugt, dass wir in diesem neuen Gremium diese Herausforderungen ernsthaft, konstruktiv, kreativ und innovativ angehen werden.
Wir werden in den nächsten Wochen und Monaten gemeinsam gute Lösungen für unsere Stadt erarbeiten und einen nachhaltigen Doppelhaushalt auf den Weg bringen.
Allen Mitarbeitern, welche für Sie im Gemeinderat die Vorarbeit geleistet haben, gilt mein herzlicher Dank.
Ich gebe das Wort nun unserem Fachbereichsleiter Finanzen, Herrn Max Fäßler, der Ihnen, das, was ich in Prosa ausgedrückt habe, mit Zahlen verdeutlichen wird.
Vielen Dank!