Drohnenflug

Drohnen messen Luftqualität an Europabrücke und an der Hochschule

Mit lautem Surren steigt die etwa 8,5 Kilogramm schwere Drohne in den trüben Himmel über dem Garten der zwei Ufer, ausgestattet mit vielerlei Sensoren, darunter auch einem Filter für Stickstoffdioxid (NO2). Der Messflug ist Teil des Projekts „Unbemannte Luftschadstoffmesssysteme“, an dem sich auch Kehl beteiligt.

Eine Drohne fliegt vor der Villa Schmidt
Vor der Villa Schmidt messen Doktoranden der Universität Tübingen die Luftqualität. Bei den Messflügen geht es aber nicht nur um Luftschadstoffe, es sind auch Testflüge für einen Leitfaden, wie Kommunen Messungen per Drohne künftig selbst vornehmen können.

Kerzengerade steigt die Drohne über der Rheinterrasse vor der Villa Schmidt in die Höhe. Erst auf zehn Meter, dann auf 25 Meter, schließlich erreicht sie die erlaubte Maximalhöhe von 40 Metern. „Wir erstellen hier sogenannte Vertikalprofile“, erläutert Kjell zum Berge, Doktorand am Geo- und Umweltforschungszentrum der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen. In den verschiedenen Flughöhen erfasst die Drohne über ihre Messsysteme Daten zu Ozonwerten, Luftpartikeln, CO²-Werten, zur Lufttemperatur, Luftfeuchte und zum Luftdruck sowie zur Windrichtung und Windstärke. Da die Drohne mehrmals an diesem Tag über der Rheinterrasse aufsteigt, lässt sich anhand der Daten erkennen, wie sich die Luftwerte mit der Zeit verändern. Ergänzend dazu wird auf der Europabrücke die Verkehrsdichte gemessen. Dazu haben Kjell zum Berge und ein Mitarbeitender des Instituts Stadt-Mobilität-Energie (ISME) am Ortsschild ein weiteres Messgerät installiert. Die Kamera erfasst die vorbeikommenden Fahrzeuge, wenn auch nur verschwommen. Kennzeichen sind auf den Aufnahmen nicht zu erkennen, versichert Kjell zum Berge. Anschließend zählt eine KI die Fahrzeuge. Für Kjell zum Berge und seine beiden Kollegen ist es inzwischen der zweite Besuch in der Rheinstadt. Am 28. September haben sie erstmals eine Messdrohne vor der Villa Schmidt aufsteigen lassen. Zu diesem Zeitpunkt war die Europabrücke noch für Sanierungsarbeiten einseitig gesperrt. „Wir erhoffen uns davon einen Vorher-Nachher-Vergleich“, sagt Dr. Ann-Margret Amui-Vedel von der Stabstelle Nachhaltige Stadtentwicklung. Die Daten sollen Aufschluss darüber geben, wie die Verkehrsauslastung auf der Europabrücke die Luftqualität im Garten der zwei Ufer auf Kehler Rheinseite beeinflusst.

Lukas Gruchot setzt einen Akku in einer Drohne ein.
Mit zwei Akkuladungen bleibt die 8,5 Kilogramm schwere Drohne bis zu 25 Minuten in der Luft, genug Zeit für zwei Missionen.

Auch der Regen bringt Erkenntnisse

Rund einen Kilometer von der Europabrücke entfernt, auf der Grünfläche zwischen der Hochschule und dem Studentenwohnheim, spielt sich eine ähnliche Szene ab: Doktorand Moritz Mauz und Remigius Maier vom Geographischen Institut der Universität Tübingen lassen hier ebenfalls eine Messdrohne steigen. „Als Innenstadtreferenz“, wie Kjell zum Berge erläutert. Windstill ist es auf der Grünfläche zwischen Kinzigallee und der B28. Moritz Mauz und Remigius Maier haben daher wenig Hoffnung, dass Feinstaub von der Bundesstraße an die Sensoren der Drohne gelangt. Aber immerhin können sie das Fluggerät nach einer kurzen Regenpause wieder starten lassen. Auch das ist für sie von wissenschaftlichem Interesse, liefern die Messgeräte doch Daten dazu, wie stark der Niederschlag Partikel aus der Luft auswäscht. Die Daten, die an den beiden Messpunkten an der Hochschule und der Europabrücke erhoben werden, wertet das Geographischen Institut der Uni Tübingen aus und stellt sie der Stadt voraussichtlich bis Jahresende zur Verfügung.

Zum Projekt

In einer Machbarkeitsstudie soll geklärt werden, ob sich handelsübliche Drohnen mit Sensortechnik ausstatten lassen, um damit Luftschadstoffe zu messen. Auf dieser Grundlage soll ein Leitfaden für Kommunen entstehen, wie diese selbst mithilfe von Drohnen Luftmessungen vornehmen können, was es dabei – insbesondere rechtlich – zu beachten gibt und welcher technischen Ausstattung es dafür bedarf. „Unbemannte Luftschadstoffmesssysteme“ ist ein Projekt der ISME GmbH und der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen.