Sie sind schon da, als der Kleinbus der offenen Jugendarbeit in die Marktstraße zum Lieferanteneingang der Stadthalle einbiegt. Mit fröhlichem Hallo begrüßen die vier Jungs Alex Neumann und Camille Falk. Kaum hat die junge Frau, die ihren Bundesfreiwilligendienst im Haus der Jugend leistet, die Schiebetür geöffnet, springen zwei der Jungs ins Fahrzeuginnere und lassen sich zufrieden seufzend auf den beiden Sesseln nieder. „Cola, Kirsch oder Safari?“ fragt Alex Neumann und reicht den beiden ein Tütchen Lachgummis, während er auf die Antwort wartet, um die Süßgetränke aus dem Karton zu holen. „Man muss auch mal lachen in dieser Zeit“, kommentiert er. Den vier Jungs braucht er das nicht zu sagen. Musik klingt aus dem Fahrzeug, eine Minidiskokugel leuchtet und dreht sich. „Oh, echt, endlich chillen“, sagt einer der Jungen und reckt sich in seinem Sessel, während die beiden Kumpels vor der offenen Schiebetür auf zwei faltbaren blauen Strandstühlen sitzen und warten, bis sie an der Reihe sind, auf den Sesseln Platz zu nehmen. Haus der Jugend to go heißt die Aktion. Aufsuchende Jugendarbeit lautet der Fachausdruck.
Die Vier wohnen in der Innenstadt. Mit ihren Eltern und mehreren Geschwistern teilen sie sich kleine Wohnungen. Ein eigenes Zimmer, mal ein bisschen alleine sein, Privatsphäre – gibt es nicht. Im Lockdown sind alle zu Hause – fast rund um die Uhr. Seit gefühlt unendlich vielen Wochen. Von 8 bis 13 Uhr sitzen sie vor dem Bildschirm – Homeschooling bei ausgeschalteter Kamera, sonst reicht das WLAN nicht. Am Nachmittag schicken ihre Mütter – oft mit den Nerven am Ende – sie raus auf die Straße. Doch auch hier gilt: Kontaktverbot.
In solchen Situationen geht bei Alex Neumann über Instagram eine Nachricht ein: „Fahrt ihr heute mit dem Bus herum?“ „Ja, klar, wohin sollen wir kommen?“ „Zum großen Parkplatz um 15 Uhr.“ Alex Neumann weiß Bescheid und steuert den Kleinbus zum Läger-Parkplatz. Dort kann die Musik stärker aufgedreht werden als vor der Stadthalle, wo der Leiter des Hauses der Jugend immer wieder mahnen muss: „Hey, macht ein bisschen leiser, damit ihr die Anwohner nicht stört.“ Die beiden in ihren Sesseln reagieren sofort.
Nach einer Stunde, spätestens aber nach 75 Minuten, rollt das Haus der Jugend to go weiter, dorthin, wo schon die nächsten Jugendlichen warten. „Wir kommen nur auf Anforderung“, sagt Alex Neumann. Gebucht wird er mit seinem Lounge-Bus ganz spontan: „Hey, Alex, wenn du Zeit hast, kannst du ruhig am Hallenbad vorbeikommen“, schreibt ein Jugendlicher, der sonst Stammgast im Haus der Jugend ist. Alex Neumann tippt eine Uhrzeit in sein Smartphone – die nächste Buchung steht.
Seit der harte Lockdown Mitte Dezember begonnen hat, ist das Haus der Jugend geschlossen. Das Team um Alex Neumann hat ein Notfalltelefon eingerichtet, um Beratungsgespräche vereinbaren zu können. Anrufe gab es zwar, aber Beratungsgespräche vor Ort kamen nie zustande. „Wir mussten weg von der Komm-Struktur“, ist dem Jugendarbeiter klar geworden, doch aufsuchende Arbeit in den Familien ist in Zeiten von Corona nicht angezeigt. Mit dem Lounge-Bus hat er eine Möglichkeit ersonnen, zwanglos mit den Jugendlichen ins Gespräch zu kommen und ihnen ab und an eine unbeschwerte Stunde zu bescheren. „Die Jungs sind dankbar, wenn sich jemand für ihr Leben interessiert“, erfährt er täglich oft mehrfach. Und dann reden sie, erzählen auch „krasse Sachen“. Corona habe auch gute Seiten, meinte ein Junge kürzlich: „Die Mama hat ihren Freund endlich rausgeworfen. Der hat uns immer vermöbelt. Jetzt geht es uns gut.“
Seit etwas mehr als zwei Wochen sind Alex Neumann, Camille Falk und Andrea Neutzler inzwischen mit dem Lounge-Bus unterwegs. Drei Tage, nachdem sie das neue Angebot auf Instagram gepostet hatten, hatten sie bereits 140 Abonnenten, mittlerweile sind es 180. Bislang waren sie Montag, Mittwoch und Freitag von 14 bis etwa 19 Uhr unterwegs, je nach Buchungslage. Vier bis fünf Buchungen an einem Nachmittag, mehr ist nicht zu schaffen. Doch die Nachfrage ist so groß, dass sie nun auch dienstags und donnerstags Termine annehmen. Zum Bus kommen nur Jungen, viele mit Migrationshintergrund. Alex und sein Team kennen sie alle; sie sind in normalen Zeiten regelmäßig im Haus der Jugend zu Besuch. Von Mädchen wurde das Haus der Jugend to go noch nicht gebucht.
Wenn die Jugendlichen während des Lockdowns zu Hause raus müssen und sich an den gewohnten Treffpunkten Gruppen bilden, rufen Anwohner regelmäßig die Polizei. Die zerstreut die Gruppe. Auch darüber, wie man sich zu Pandemie-Zeiten verhält, redet Alex Neumann mit den Lounge-Besuchern. Mit dem Lounge-Bus, wo immer nur zwei Jugendliche einsteigen dürfen und zwei weitere in den Strandstühlen mit Abstand davorsitzen können, „wollen wir auf keinen Fall die Kontaktbeschränkungen aushebeln“, sagt der Jugendarbeiter. Aber eine kleine Nische im tristen Corona-Alltag schaffen: „Das ist auch Präventionsarbeit“.
Auch die Jugendarbeiterinnen und Jugendarbeiter der anderen Einrichtungen waren seit drei Wochen unterwegs. Sie haben Plätze angefahren, wo sich Jugendliche treffen, fragten bei den Ortsverwaltungen nach, ob sich während des Lockdowns irgendwo Treffpunkte gebildet haben, von denen sie noch nichts wussten. Nachdem das Haus der Jugend to go so großen Anklang gefunden hat, haben sie die Idee aufgegriffen und in ihre Fahrzeuge auch in rollende Lounges umgestaltet. „Wir müssen unsere Zielgruppe trotz Pandemie ansprechen“, sagt Binja Frick, Leiterin des Bereichs Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit und Schulen. Zum Arbeitsauftrag der Jugendsozialarbeit gehören, so steht es im Gesetz, auch sozialpädagogische Hilfen. Und die sind gerade in der Krise besonders wichtig, weiß das Team. „In der Pubertät gibt es Themen, welche die Jugendlichen nicht mit Mama und Papa besprechen können“, ergänzt Melanie Krauß vom Badhiesel. Sie habe versucht, auch online Sprechstunden anzubieten und dabei festgestellt: „Viele Jugendliche können online nicht frei sprechen, da ist ständig Mama oder Papa oder jemand von den Geschwistern im Raum.“
08.02.2021
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