Feste und Gedenken 2022

Veranstaltungsjahr 2022: Ein Stück Normalität kehrt zurück

Nach zwei Jahren Pandemie hat Kehl endlich wieder Gelegenheit zu feiern. Denn: Mit dem Frühling kehrt die Normalität Schritt für Schritt in den Alltag der meisten Kehlerinnen und Kehler zurück. „Es geht wieder los“, freut sich Fiona Härtel, Geschäftsführerin der Kehl Marketing über einen prall gefüllten Veranstaltungskalender, der sich mit einer Vielzahl an Märkten und Festen auf Vor-Corona-Niveau bewegt.

Musik für den Frieden

Das Veranstaltungsjahr beginnt dann allerdings mit einem traurigen Anlass. Unter dem Motto „Musik für den Frieden“ beteiligen sich am 19. März 17 Künstlerinnen und Künstler auf sechs Bühnen in der Innenstadt an einem Spendenkonzert für die Ukraine. „Trotz der tragischen Umstände ist die Stimmung gut“, berichtet Maren Casper von der Kehl Marketing. Großer Beliebtheit erfreut sich ein Wareniki-Stand, an dem geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer zusammen mit Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern der Tulla-Realschule die traditionellen ukrainischen Teigtaschen verkaufen.

Neumühl feiert erste urkundliche Erwähnung vor 751 Jahren

Unter dem Motto 750+1 Jahre Neumühl begeht die Ortschaft das Jubiläum ihrer Ersterwähnung mit einem Jahr Verspätung. Auf den offiziellen Festakt am 30. April, der mit badischem Dreigangdinner und historischen Vorträgen aufwartet, folgt einige Wochen später am 25. und 26. Juni das große Festwochenende. Das Herzstück der Feierlichkeiten ist ein großer Mittelaltermarkt mit Gauklern und Ritterspektakel. Daneben sind unter anderem ein großer Bauern- und Kunsthandwerkermarkt, eine Ausstellung zur Flößerei in der Aula der Hector-Kinderakademie, ein musikalisches Rahmenprogramm und ein ökumenischer Gottesdienst auf der Festmeile geboten.

Gegenwart und Zukunft des Messdis

Gegenwart: Nach zwei Jahren Pause eröffnet die 50. Ausgabe des Kehler Messdi.
Zukunft: Im Juli diskutieren 70 Kehlerinnen und Kehler im Kultur-Café, wie es mit dem beliebten Volksfest weitergehen soll.

Als der Kehler Messdi Ende Mai aus der Corona-Zwangspause zurückkehrt, erweisen sich Befürchtungen, dass das größte Volksfest der Ortenau nach zwei Jahren mit Startschwierigkeiten zu kämpfen haben könnte, als grundlos. Stattdessen wird die 50. Ausgabe zu einer Feier der Superlative. Organisator Walter Irion von IME Events geht davon aus, dass in den vier Tagen vom Himmelfahrtstag bis zum 29. Mai mehr als 180 000 Menschen – und damit mehr als je zuvor – den Messdi besuchen. „Die Menschen sind ausgelassen und dankbar, dass sie endlich wieder zusammen feiern können“, freut sich Antje Lenz von der Kehl Marketing. Dennoch stellt Oberbürgermeister Wolfram Britz rund eineinhalb Monate später, am 13. Juli, bei der Kick-off Veranstaltung zur Zukunft des Festes in den Räumlichkeiten des Kultur-Cafés, die rhetorische Frage, ob „es jemanden gibt, der den Messdi nicht mehr möchte“. Anschließend diskutieren 70 Kehlerinnen und Kehler über die zukünftige Ausrichtung. Anlass dafür ist, dass das City-Forum 2023 den Messdi zum letzten Mal veranstalten wird, da es die Organisation des Mammutfestes schlicht nicht mehr stemmen und das finanzielle Risiko nicht mehr tragen kann. Grund genug für OB Wolfram Britz einen breitangelegten Bürgerbeteiligungsprozess „mit offenem Ausgang“ zu starten. Über die Themenfelder Vereine, Finanzen, Veranstalter, Einzelhandel, Programm und Öffentlichkeitsarbeit beraten sich Vertreterinnen und Vertreter des Einzelhandels, der Vereine und der Sponsoren, Stadträtinnen und -räte sowie Zufallsbürgerinnen und -bürger mehr als drei Stunden lang in sechs moderierten Arbeitsgruppen. Diese dienen als Grundlage für eine zweite Diskussionsrunde am 5. Oktober. Moderator Martin Müller kündigt zu Beginn an, dass innerhalb der nächsten beiden Stunden „Nägel mit Köpfen“ gemacht werden. Breiten Raum nimmt in der Diskussion das Thema Finanzen ein: Ein Bericht von Messdi-Organisator Walter Irion macht klar, dass das Budget für das größte Volksfest der Ortenau mit 160 000 Euro für vier Tage sehr knapp bemessen ist.

Für Martin Müller ist der Bericht des langjährigen Messdi-Organisators Anlass, die Teilnehmenden im Kulturhaus aufzufordern, groß zu denken: „Wir sind selbstbewusst genug, dem Gemeinderat zu sagen, dass wir deutlich mehr Geld brauchen.“ Eine Arbeitsgruppe um Kehl-Marketing-Chefin Fiona Härtel arbeitet die wichtigsten Vorschläge heraus und für eine Gemeinderatsvorlage auf. Am 23. November beschließt das Gremium mit großer Mehrheit, von 2024 an 239 500 Euro für den neuen Messdi zur Verfügung zu stellen.

Culture Day

Eigentlich sollte der erste Culture-Day bereits 2020 im wahrsten Wortsinn über die Bühne gehen. Am 16. Juli 2022 ist es schließlich soweit: Das Kulturhaus wird zum Treffpunkt für Künstlerinnen und Künstler, Kulturbegeisterte und Vereine. Zahlreiche Menschen nutzen die Gelegenheit das Haus, seine Akteure und die Werke der Künstlerinnen und Künstler näher kennenzulernen. Besonders bei Familien ist der Culture Day beliebt. Viele Eltern mit jüngeren Kindern gehen zwischendurch nach Hause und kommen später wieder. Zum Beispiel, wenn der Nachwuchs nochmal Lust bekommt, mit einem Teil der 20 000 Bausteine der Kunstschule eigene Werke in die Höhe zu ziehen. Kulturvermittler Julien Schaffhauser freut sich über einen gelungenen Tag: „Die Stimmung war den ganzen Tag über sehr ausgelassen und wir haben jede Menge positiver Rückmeldungen bekommen.“ Die Künstlerinnen und Künstler sind ebenfalls zufrieden.

R(h)einschauen

Erneut ein Höhepunkt: die Lasershow vor der Friedenskirche auf dem Marktplatz.

Live-Musik, Liegestühle, die zum Verweilen einladen, sowie sechs beeindruckende Lasershows erleben die Besucherinnen und Besucher der zweiten Ausgabe von R(h)einschauen von Freitag, 22. Juli, bis Sonntag, 24. Juli. Bei bestem Wetter bleibt die Stimmung bis in die Abendstunden ausgelassen, als Innenstadtbesucherinnen und -besucher die musikalisch unterlegte Lichterschau auf dem Marktplatz vor der Friedenskirche bestaunen. „Unter Hobbyfotografen ist die Lasershow ein beliebtes Motiv“, weiß Fiona Härtel. Zur Stimmung tragen zudem die abendliche Beleuchtung und zahlreiche Live-Konzerte bei. Besonders beliebt bei Kindern sind die perforierten Schläuche, die das kühlende Nass fein zerstäuben und einen Teil des Marktplatzes in einen kleinen Wasserspielplatz verwandeln.

Kultursommer

Auch beim Kultursommer darf wieder kommen, wer mag. Fünf Konzertabende der Veranstaltungsreihe, die seit drei Jahrzehnten Musikbegeisterte in den Rosengarten lockt, begeistern das Publikum vom 6. August bis zum 3. September. Die musikalische Palette der kostenfreien Unterhaltung reicht dabei von Folk-Rock, Funk, Soul bis hin zu Gipsy-Jazz.

Kehl feiert!

Zahlreiche Besucherinnen und Besucher feiern am 9. und 10. September trotz durchwachsenem Wetter zum inzwischen neunten Mal bei dem beliebten Stadtfest mit. Nach dem Fassanstich durch Oberbürgermeister Wolfram Britz folgen zahlreiche Bühnenshows von Künstlerinnen und Künstlern sowie Vereinen. Letztere sorgen zudem für die Bewirtung. „Auch wenn die Wetterlage etwas unbeständig blieb, ist die neunte Auflage von Kehl feiert! gelungen“, resümiert Fiona Härtel.

Rheingeflüster

Leise Töne und stimmungsvolle Lichter bietet das Rheingeflüster nach zweijähriger Unterbrechung wieder.

Das Rheingeflüster setzt nach der coronabedingten Pause am 16. und 17. September auf die bewährte Mischung aus leisen Tönen, stimmungsvoller Illumination und musikalischer Unterhaltung an vielen Stellen zwischen Seebühne und dem beleuchteten Weißtannenturm. Besonders beliebt ist das Fest bei Hobby- und Profifotografinnen und -fotografen, für die sich beim Rheingeflüster zahlreiche Gelegenheiten für besondere Aufnahmen bieten, zum Beispiel, wenn der Altrhein zur Reflexionsfläche für die Lichtspiele wird.

Abschlussfest der Müllsammelaktion „Trash versus tree“ auf dem Marktplatz

Mehr als 31 Kubikmeter Müll liegen am 24. September in Containern auf dem Marktplatz. Der Müllberg ist das Ergebnis der Müllsammelaktion „Trash versus tree“, bei der Freiwillige vom 17. bis zum 24. September in der Kernstadt und den Ortschaften Müll gesammelt haben. Das Ziel der Aktion, an der sich der Jugendgemeinderat, die Kehl Marketing, der städtische Bereich Stadtplanung/Umwelt sowie die Offene Jugendarbeit beteiligen, ist es zu zeigen, wieviel Müll sich innerhalb von sieben Tagen auf öffentlichen Flächen im Stadtgebiet anhäuft.  31 Unternehmen spenden für jeden Kubikmeter Müll 100 Bäume; das ergbit am Ende 2880 neue Bäume für den Stadtwald.

HanauerLandMarkt

Der HanauerLandMarkt hat im vergangenen Jahr erstmals wieder ein Rahmenprogramm.

Wenn große Strohpuppen in der Fußgängerzone stehen und die Mutter Kinzig herbstlichen Kopfschmuck trägt, dann ist das ein untrügliches Zeichen dafür, dass wieder HanauerLandMarkt ist. Zum sechsten Mal findet das Fest, das an die gemeinsame Hanauer Identität auf beiden Rheinseiten erinnern soll, am 1. und 2. Oktober statt. Rund 30 Marktbeschickerinnen und -beschicker bieten in der Innenstadt typische regionale Spezialitäten wie Räucherfisch und Hanauer Bollesupp sowie Töpferware, Schmuck und Liköre feil. „Zwar ist der Markt nicht ganz so groß wie vor Beginn der Corona-Pandemie, dafür können wir erstmals wieder mit einem abwechslungsreichen Rahmenprogramm aufwarten“, sagt Antje Lenz, die bei der Kehl Marketing für Märkte zuständig ist. Weil zur Hanauer Identität auch Kappenschlupf und Pelzmütze gehören, gibt es auch Tanz- und Trachtengruppen zu sehen. An verschiedenen Stellen in der Innenstadt zeigen sie traditionelle Tänze, teilweise mit Gesang. Am 2. Oktober – einem Sonntag – öffnen die Läden in der Innenstadt ihre Türen, damit die Passantinnen und Passanten den Marktbesuch mit dem Einkaufsbummel verbinden können.

30 Jahre Frauen- und Familienzentrum

Unter dem Namen Frauen- und Mütterzentrum nahm das heutige Frauen- und Familienzentrum 1992 unter der Leitung von Edeltraud Böhler seine Arbeit auf. Das 30. Jubiläum des „Erfolgsmodells, auf das wir in Kehl stolz sein können“, wie es Oberbürgermeister Wolfram Britz ausdrückt, wird am 22. Oktober in der Villa RiWa gefeiert. Das Frauen- und Familienzentrum ist eine vielgenutzte Anlaufstelle für Familien in unterschiedlichen Lebenslagen. Zwar haben sich die Lebenswirklichkeit von Frauen im Laufe der Jahrzehnte – und damit auch die Aufgaben des FFZ – verändert, dennoch ist das Angebot heute „mindestens genauso wichtig wie 1992“, sagt der OB während der Feierstunde. Weil das Frauen- und Familienzentrum von Anfang an entscheidend von einem unterstützenden Netzwerk von Ehrenamtlichen lebt, sind es „letztlich die Kehlerinnen und Kehler, die das Frauen- und Familienzentrum zu dem machen, was es heute ist“, stellt Leiterin Juliane Peter fest, die Edeltraud Böhler im Mai 2021 abgelöst hat.

Cyclocross-Bundesliga in Auenheim

Bereits zum achten Mal trifft sich die internationale Cyclocross-Elite im Landschaftspark Auenheim. Bei den insgesamt sechs Rennen der Cyclocross-Bundesliga am 4. Dezember geht es um den großen Preis der Badischen Stahlwerke. 220 Starterinnen und Starter treten vor ungefähr 2000 Zuschauerinnen und Zuschauern auf dem 2,2 Kilometer langen anspruchsvollen Rundkurs gegeneinander an.

Weihnachtsmärkte in der Kernstadt und den Ortschaften

Dass die Weihnachtsmärkte in zwei Corona-Wintern schmerzlich vermisst wurden, zeigt der rege Besuch des kleinen aber feinen Kehler Hüttendorfs am zweiten Adventswochenende. Trotz Kälte und Regen am Sonntag strömen die Menschen auf den Marktplatz, so dass die 40 Vereine und karitativen Organisationen am Ende mit ihren Einnahmen zufrieden sind. Für stimmungsvolles Zusammentreffen im Advent bieten auch die Weihnachtsmärkte in Auenheim, Neumühl und Goldscheuer sowie der Adventshock in Bodersweier wieder Gelegenheit.

Trauer- und Gedenkveranstaltungen

Stolpersteine erinnern an die Schicksale von Hermann Blank, Therese Ehrle und Richard Naumburger

Drei Stolpersteine hat der Künstler Gunter Demnig bei seinem Besuch in Kehl verlegt. Sie erinnern an Hermann Blank, Richard Naumburger und Therese Ehrle (Bild).
Friedensbotschaften auf Graffiti-Wänden und ein Bericht der Ukrainerin Anna Kukharuk aus ihrem Heimatland bewegen die Teilnehmenden am Volkstrauertag. 

Drei Stolpersteine lässt Künstler Gunter Demnig am 10. September ins Kehler Pflaster ein. Ein Stein an der Hausnummer 8 in der Kasernenstraße erinnert an das Schicksal von Hermann Blank, der 1944 in Ausschwitz ermordet wurde. In einer szenischen Lesung mit verteilten Rollen erzählen die Schülerinnen und Schüler des Einstein-Gymnasiums die Eckpunkte seines Lebens nach. Nur knapp 60 Meter weiter an der Kinzigstraße 33 verlegt Gunter Demnig einen weiteren Gedenkstein mit den Lebensdaten von Richard Naumburger, der hier bis Mitte 1938 lebte. Nach seiner Flucht über den Rhein beginnt für ihn eine Odyssee durch französische Lager, welche ihr Ende im Konzentrationslager Ausschwitz findet. Anhand einer Karte zeichnen die Gymnasiastinnen und Gymnasiasten seinen Leidensweg nach. Der dritte Stolperstein an der Gustav-Weis-Straße 8 verweist auf das Schicksal von Therese Ehrle. Auch ihre Biografie arbeiten die Jugendlichen in Dialogform auf.

Volkstrauertag

Im Zentrum der Veranstaltung auf dem sogenannten Ehrenfriedhof am Volkstrauertag steht das Gedenken an die Betroffenen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine. In einer berührenden Rede berichtet die Ukrainerin Anna Kukharuk von ihrer Flucht aus dem kriegsgeplagten Land, nachdem am 25. Februar plötzlich der Krieg in der Gestalt eines Panzers in ihrem Vorgarten stand. Beigeordneter Thomas Wuttke erinnert zudem daran, dass in Syrien immer noch ein Krieg tobt, der bereits mehr als eine halbe Millionen Opfer gefordert hat. Neun Neuntklässlerinnen und Neuntklässler des Einstein-Gymnasiums stellen bei der Veranstaltung ihre Graffiti-Kunstwerke mit Friedensbotschaften vor, die sie in der Zeitzeugen-AG zusammen mit ihrem Lehrer Uli Hillenbrand und dem Offenburger Graffiti-Künstler Raphael Lieser angefertigt haben.

Was war 2022?

2022 war in mehrerlei Hinsicht ein besonderes Jahr: Corona hat Europa noch im Griff, als die russische Armee am 24. Februar in die Ukraine einmarschiert und einen grausamen Krieg entfacht. Die Auswirkungen erreichen schnell auch Kehl: In der Rheinstadt werden deutlich mehr Geflüchtete aufgenommen als in den Jahren 2015/2016 und die durch den Lieferstopp für russisches Gas ausgelöste Energiekrise belastet Privathaushalte und öffentliche Kassen. Ereignisse, die auch die ersten Monate der Amtszeit des neuen Oberbürgermeisters Wolfram Britz überschatten. 2022 war in Kehl ein Jahr ohne Schwimmbad, aber auch ein Jahr, in dem endlich wieder gefeiert werden durfte.

Nach 22 Jahresrückblicken in gedruckten Jahresschriften bringt das Jahr 2022 ebenfalls eine Veränderung: Von Weihnachten bis Dreikönig fassen wir an dieser Stelle die wichtigsten Themen des Jahres rückblickend zusammen – als Übergang zu einer digitalen und interaktiven Jahresschrift in Form eines Flipbooks von 2023 an.