1000 Menschen gegen Rechts

Etwa 1000 Menschen setzen auf dem Marktplatz ein Zeichen gegen Rechtsextremismus

„Kehl ist weltoffen, bunt und tolerant“: Unter diesem Motto haben sich am Samstag (17. Februar) ungefähr 1000 Kehlerinnen und Kehler auf dem Marktplatz versammelt, um ein deutliches Zeichen gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Ausgrenzung zu setzen und für den Erhalt der Demokratie und der freiheitlich demokratischen Grundordnung einzutreten. Dabei waren sich alle sechs Redner mit den Organisatoren der Kundgebung, Jürgen Mohrbacher und Wolfgang Maelger einig: Die Veranstaltung, zu der kirchen- und parteiübergreifend aufgerufen worden war, kann nur ein Auftakt gewesen sein.

Ungefähr 1000 Menschen haben sich am Samstag auf dem Marktplatz vor der Friedenskirche versammelt, um für die Demokratie, für den freiheilichen Rechtsstaat und gegen Rassismus und Ausgrenzung ein Zeichen zu setzen.

Angesichts von Geheimtreffen rechtsextremer Kreise und einer nicht mehr überschaubaren Zahl von Foren im Internet, in denen tagtäglich rechtsradikales und rassistisches Gedankengut verbreitet und geteilt werde, sei es „so wichtig, dass Demokratinnen und Demokraten auf die Straße gehen und für jede und jeden unübersehbar zeigen, dass sie bereit sind, die freiheitlich demokratische Grundordnung zu verteidigen“, sagte Oberbürgermeister Wolfram Britz, der als erster Redner bei der Kundgebung sprach: „Wir sind an einem Punkt angelangt, wo jede und jeder von uns einem Gedankengut, das sich gegen unsere Werte richtet, entschieden entgegentreten, aufstehen und nein sagen muss.“

Angriffe auf Politikerinnen und Politiker wie am Aschermittwoch in Biberach zeigten eine zunehmende Gewaltbereitschaft: „Hass und Gewalt sind in einer Demokratie aber keine zulässigen Meinungsäußerungen“, rief er den Teilnehmenden an der Kundgebung zu. Wie schon bei seiner Rede zu Beginn der Gemeinderatssitzung am 24. Januar forderte er dazu auf, im privaten, dienstlichen und öffentlichen Umfeld hinzuhören, hinzuschauen, sich einzumischen und rechtsradikalen und menschenverachtenden Äußerungen ein entschiedenes Nein entgegenzusetzen. Wolfram Britz rief außerdem dazu auf, am 9. Juni Kandidatinnen und Kandidaten zu wählen, „die sich ganz klar zu unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung bekennen“ und damit die demokratischen Kräfte im Europaparlament, im Kreistag „und bei uns in Kehl im Gemeinderat“ zu stärken.

Die Ukrainerin Margarita Koshyl beschrieb in ihrem Beitrag, wie sie persönlich mit Anfeindungen der AfD in Berührung gekommen sei: „Es waren extrem aggressive Kommentare auf Facebook unter einem Beitrag über eine ukrainische Demonstration“, die sie im vergangenen Jahr organisiert habe. Aber auch beim Ortenauforum der Kehler Zeitung und der Bürgerversammlung in Kork zur geplanten Flüchtlingsunterkunft haben die junge Frau Äußerungen gegen Flüchtlinge schockiert.

Für die evangelische Pfarrerin Dr. Bettina Kretz, die für beide christlichen Kirchen sprach, ist es aus drei Gründen alternativlos, gegen das Gedankengut zu sein, das Maximilian Krah, der AfD-Spitzenkandidat bei der Europawahl, verbreite: Zum einen, weil es dem christlichen Menschenbild widerspreche, wonach alle Menschen eine unverlierbare Würde hätten. Zum andern sei es für sie als Christin alternativlos, das Menschenbild der Rechten zu verwerfen, „da es nicht nur fremdenfeindliche, vor allem islamfeindliche und auch antisemitische Positionen rechtfertigt, sondern auch die demokratische Verfasstheit unseres Staates bewusst untergräbt“. Der dritte Grund, weshalb es für sie alternativlos ist, „dieses rechtsradikale Gedankengut abzulehnen, ist dessen Kampf gegen Europa“, legte Bettina Kretz dar. Das institutionell verfasste Europa sei aus den Erfahrungen des Ersten und Zweiten Weltkrieges und der Erkenntnis entstanden, „dass der Nationalismus der Völker unendliches Leid über die Nationen gebracht hat“. Das Friedensprojekt Europa diene der Völkerverständigung und Zusammenarbeit. Deshalb müsse „ein rechtsradikaler Marsch durch die Institutionen“, der Europa von Innen heraus zerstören wolle, verhindert werden.

Ausgehend von ihrer eigenen erfolgreichen Integrationsgeschichte erklärte Sunam Kohistani, wie sie die Pläne der AfD sprachlos machten. Es gehe um Millionen von Menschen, die ihre Heimat verlassen haben, „um in der Fremde Sicherheit, Frieden und einen Neuanfang zu finden“. Viele Flüchtlinge hätten sich hier ein neues Leben aufgebaut, „sie arbeiten hart, zahlen Steuern und sind wertvoll für die Gesellschaft“. Die wahrhaftige Demokratie müsse zeigen, dass sie die Verfassung verteidige; alle Demokraten müssten sich zusammenschließen und kämpfen, bevor es zu spät sei, rief die junge Frau unter Beifall in die Menge auf dem Marktplatz.

Ricky Kühn machte sich zum Sprachrohr der Kinder und Jugendlichen und forderte dazu auf, mit ihnen anstatt über sie zu sprechen. Sie müssten stark gemacht werden, sie seien die Zukunft und es komme jetzt darauf an, sie zu toleranten und weltoffenen Menschen zu erziehen. Indem man sie ermutige, andere Kulturen und Lebensweisen zu verstehen, „legen wir den Grundstein für eine bessere Zukunft“, sagte der Erzieher. Er forderte außerdem dazu auf, „vernünftig zu streiten“, weil auch davon Demokratie lebe: „Eine rechtsextreme Partei zu wählen, heißt nicht Protest zu wählen; eine rechtsextreme Partei zu wählen heißt, Klimaschutz und unsere Demokratie in die Tonne zu treten.“

Musikalisch wurde die Veranstaltung begleitet von Rolf Berger und Margarita Koshyl von der Kehler Flüchtlingshilfe, von Anna am Klavier, von Café Flore und der Band Schniposa.

Impressionen von der Kundgebung

Die Redner

Die Musikerinnen und Musiker