Beseitigung Bahnübergänge Kork

Beseitigung der Bahnübergänge in Kork: Bahn, Land und Stadt unterzeichnen Planungsvereinbarung

Ein jahrzehntelanges Warten hat ein Ende: Vertreter des Landes Baden-Württemberg, der Deutschen Bahn (DB Netz AG) und der Kehler Oberbürgermeister Wolfram Britz haben am Montag (23. Oktober) die Planungsvereinbarung zur Beseitigung der auf Straßenniveau liegenden Bahnübergänge in Kork unterzeichnet. Die Bahnübergänge im Verlaufe der Andreas-Kratt-Straße und der Landesstraße 90 (Gerbereistraße) müssen weichen, um auf der stark befahrenen Bahnstrecke, auf der auch ICE und TGV verkehren, die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Außerdem gilt es, die täglich mehr als 100 Schrankenschließungen und damit die Rückstaus der Fahrzeuge auf der L 90 zu vermeiden.

Oberbürgermeister Wolfram Britz für die Stadt Kehl, Karl Kleemann für das Regierungspräsidium Freiburg und Matthias Buchner für die DB Netz AG setzten ihre Unterschriften unter die Planungsvereinbarung zur Beseitigung der beiden Bahnübergänge in Kork. 

Mit der Unterzeichnung des Vertrags übernimmt die Stadt Kehl die Rolle der Projektleiterin und damit die Aufgabe, alle Maßnahmen zu planen, die erforderlich sind, um die Verkehrsbeziehungen wiederherzustellen, die durch die Beseitigung der beiden Bahnübergänge unterbrochen werden. Konkret bedeutet dies: Es müssen Lösungen gefunden werden, wie Autofahrer, Radler und Fußgänger künftig auf die jeweils andere Seite der zweigleisigen elektrifizierten Bahntrasse gelangen können. Dabei, so heißt es im Vertragstext, „ist die übersehbare Verkehrsentwicklung zu beachten“.

„Ich freue mich, dass wir die Stadt als Projektleiterin für diese wichtige Bahnübergangsbeseitigung gewinnen konnten. Diese Maßnahme trägt zur Verkehrssicherheit bei und somit zur Vision Zero des Landes Baden-Württemberg mit dem Ziel, null Verkehrstote und Schwerverletzte“, sagt Karl Kleemann, Leiter der Mobilitätsabteilung im Regierungspräsidiums Freiburg, das für die Landesstraße zuständig ist. Das Projekt sei bereits 2010 in den Generalverkehrsplan des Landes aufgenommen worden. Im Rahmen der Evaluierung im Jahr 2020 habe das Land seinen Bedarf bestätigt.

Die Stadt erarbeitet zunächst die Vorplanung, stimmt diese mit allen Beteiligten ab und übernimmt dann auch die Ausführungsplanung. Alle Baumaßnahmen müssen so geplant werden, dass der Eisenbahnbetrieb zu keiner Zeit unterbrochen wird. Bevor die kreuzungsbedingten Maßnahmen ausgeführt werden können, muss – zu einem späteren Zeitpunkt – zwischen den Beteiligten noch eine Kreuzungsvereinbarung nach Paragraf fünf des Eisenbahnkreuzungsgesetzes abgeschlossen werden. Die Kosten für die Planung, die nach derzeitigem Stand etwa zwei Millionen Euro betragen dürften, werden zu einem späteren Zeitpunkt unter den Vertragspartnern aufgeteilt. Die Baukosten werden momentan auf etwa 20 Millionen Euro geschätzt.

Durch die Unterzeichnung der Planungsvereinbarung ist nun der Weg für die Stadt als Projektleiterin frei, um die Planungsleistungen auszuschreiben. Ziel des Verfahrens ist es, eine geeignete Ingenieurgemeinschaft zu finden, die Referenzprojekte in vergleichbarer Größenordnung vorweisen kann. Die Bewerber müssen sich einer Eignungsprüfung unterziehen. Den Auftrag bekommt am Ende, wer durch gute Leistungsfähigkeit und Fachkompetenz überzeugt und ein wirtschaftliches Honorarangebot vorlegt. Die Planungsleistungen werden dann stufenweise beauftragt.

Die Ingenieurgemeinschaft muss untersuchen, ob eine Lösung an Ort und Stelle möglich ist, also die Verkehrsteilnehmer durch eine Unterführung auf die jeweils andere Seite der Bahntrasse gelangen können. Auch die Variante einer Umgehungsstraße ist zu prüfen. Für alle infrage kommenden Möglichkeiten sind die Kosten zu ermitteln und in kreuzungsbedingte und nicht kreuzungsbedingte Ausgaben aufzuteilen. Das ist deshalb wichtig, weil sich an dieser Aufteilung entscheidet, welcher Partner welche Kosten zu tragen hat.

Im Dachgeschoss des historischen Korker Rathauses versammelten sich Akteure und Vertreter der Politik zur Unterzeichnung der Planungsvereinbarung zur Beseitigung der Korker Bahnübergänge. 

Bereits die Beschreibung des komplexen Verfahrens zeigt, dass der Weg, bis eine rechtskräftige Baugenehmigung vorliegt, noch ein sehr langer ist: Mit mehreren Jahren ist auf jeden Fall zu rechnen, schätzt der Leiter des städtischen Bereichs Tiefbau, Hans-Jürgen Schneider. Trotzdem war die Freude beim Korker Ortsvorsteher Patric Jockers und Oberbürgermeister Wolfram Britz darüber groß, dass mit der Planungsvereinbarung nun ein erster entscheidender Schritt getan ist. Schließlich, waren sich beide einig, hänge davon die Entwicklung der Ortschaft Kork und in der Folge auch die der Gesamtstadt ab. Auch Bahnvertreter Matthias Buchner fand es „toll, dass es endlich vorangeht“ und die beiden Bahnübergänge in einigen Jahren Geschichte sein werden: „Die besten Bahnübergänge sind für die Bahn die, die nicht mehr da sind“, meinte er schmunzelnd und im Hinblick auf die Störungsanfälligkeit der Anlagen.

Oberbürgermeister Britz nutzte die Anwesenheit des Bahnvertreters zudem, um darauf hinzuweisen, dass auch der Ausbau der Bahnstrecke Kehl-Appenweier, wie er zwischen Deutschland und Frankreich bereits 2010 vertraglich vereinbart worden sei, eine wichtige Verbesserung wäre. Die Beseitigung der Bahnübergänge allein wird nämlich nicht dazu führen, dass TGV und ICE auf der Strecke schneller unterwegs sein können.

Patric Jockers nahm in seiner Rede im Dachgeschoss des historischen Korker Rathauses die Gäste mit auf eine aufschlussreiche Reise in die Vergangenheit. Um das Ende vorweg zu nehmen: Der im Jahre 1838 vorgesehene Bau der Bahnstrecke von Mannheim über Heidelberg bis zur Schweizer Grenze sah die Anbindung Kehls durch eine Seitenbahn vor. „In Betrieb genommen wurde die Strecke damals sechs Jahre später“, berichtete er in der Hoffnung, dass sich die heutigen Akteure daran ein Beispiel nehmen. „Für die weitere Entwicklung und die Zukunft von Kork ist dies die wichtigste Grundlage für weitere Planungen in den kommenden Jahren.“

Ein Stück Korker Geschichte

Auszug aus der Rede von Ortsvorsteher Patric Jockers

Wir befinden uns hier in einem sehr geschichtsträchtigen Haus, der Bau wurde 1782 begonnen und im Frühjahr 1784 vollendet. Bis 1803 diente das Gebäude als Amtsschaffnei der „Hochfürstlich Hessen-Hanau-Lichtenbergischen Landrafen“, danach bis 1881, als Großherzoglich Badische Finanzverwaltung. Zusammen mit den anderen Gebäuden, die alle noch stehen, dem Amtshaus „dem Korker Schloss“ der „alten“ und „neuen Landschreiberei“ war hier der Sitz der Bezirksverwaltung, wozu die Orte Auenheim, Eckartsweier, Hesselhurst, Hohnhurst, Kehl mit Sundheim, Kork, Legelshurst mit Bolzhurst, Neumühl, Odelshofen, Querbach, Marlen, Goldscheuer, Kittersburg, Sand mit Neusand und Willstätt gehörten.

Da nach dem Krieg 1871 Straßburg deutsch wurde, gewann auch Kehl an Bedeutung und so wurde das Bezirksamt 1881 nach Kehl verlegt. In diese Zeit fällt auch der Bau der Eisenbahn. Die erste deutsche Eisenbahn nahm 1835 zwischen Nürnberg und Fürth den Betrieb auf. Schon neun Jahre danach kam die Eisenbahn im Jahre 1844 nach Kork. Die badische Regierung erkannte sehr früh die Bedeutung der Eisenbahn und plante den Bau einer Eisenbahnstrecke zwischen Mannheim und Basel.

Der Korker Ortsvorsteher ging weit in die Geschichte der Eisenbahn in Kork zurück und machte daraus einen Appell für die Zukunft.

Auch der Korker Dekan und Landtagsabgeordnete Gottlieb Fecht sah den Nutzen der Eisenbahn voraus und setzte sich für eine Anbindung von Kork und Kehl an die Hauptlinie ein. Er war Initiator einer in Kork angefertigten Petition vom 1. März 1838, welche die Hanauer Gemeinden und Appenweier an die Großherzogliche Badische Wasser- und Straßenbau-Inspektion Offenburg richteten, um sich für den Ausbau der Bahn von Appenweier nach Kehl einzusetzen.

Das schnell verabschiedete Eisenbahngesetz verkündete bereits am 29. März 1838: Zitat: „Von Mannheim über Heidelberg, Rastatt, Offenburg, Dinglingen und Freiburg bis zur Schweizer Grenze bei Basel wird eine Eisenbahn gebaut und dass Kehl durch eine Seitenbahn mit der Hauptbahn verbunden wird. Der Bau wird auf Staatskosten ausgeführt.“ Zitat Ende.

Bereits im Juni 1844 (sechs Jahre nach dem Beschluss) konnte der Bahnbetrieb zwischen Karlsruhe-Appenweier-Offenburg und Appenweier-Kehl eröffnet werden. In den Jahren 1846/47 wurde
die Bahnstrecke Appenweier-Kehl zweigleisig ausgebaut, und nach Vollendung der Kehler Rheinbrücke 1861 bestand eine durchgehende Bahnlinie Paris-Wien.

Für den Amtsort Kork wurde 1844 ein Bahnhof gebaut. Dadurch erhielt Kork eine Anbindung an den Personen- und Frachtverkehr. In Kork entstanden drei Bahnübergänge, beim Bahnhof in der Gerbereistraße, bei der Andreas-Kratt-Straße und ein Bedarfsübergang für den landwirtschaftlichen Verkehr, circa 300 Meter östlich vom Bahnhof Richtung Legelshurst, der jedoch schon vor etwa 15 Jahren aus Sicherheitsgründen ersatzlos geschlossen wurde. Soviel zur Geschichte unserer Bahnlinie, unseres Bahnhofes und unserer Bahnübergänge.

Heute sind wir hier zusammengekommen, um die Planungsvereinbarung zur Beseitigung der beiden Bahnübergänge Andreas-Kratt-Straße und Gerbereistraße zu unterschreiben.

Diese bestehenden höhengleichen Bahnübergänge stellen doch ein sehr hohes Gefahrenpotential dar. Ich möchte hier nur an den Unfall erinnern, der vor einem Jahr, am 27. Oktober 2022, hier passierte. Ein Traktor blieb wegen eines technischen Defekts direkt auf den Schienen liegen. Der Fahrer des Traktors konnte sich noch in Sicherheit bringen, bevor der TGV, der aus Richtung Appenweier kam, in den Traktor knallte. Zwei der 350 Menschen im TGV wurden dabei zum Glück nur leicht verletzt. Der Zug konnte zwar noch bremsen, da von dieser Seite, aus Legelshurst kommend, eine gute Sicht auf den Bahnübergang besteht, aber eben nicht genug und so raste der Zug in den Traktor. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn der TGV aus Richtung Kehl gekommen wäre: Dann wäre er ungebremst in den Traktor gefahren, da der Bahnübergang wegen der Kurve aus dieser Richtung erst kurz vorher einsehbar ist.

Ein weiteres Problem und auch eine Gefahr für die Bahnnutzer ist der rege Auto- und vor allem Schwerlastverkehr, der besonders den Übergang in der Gerbereistraße betrifft. Wir haben in Kork inzwischen knapp 2900 Einwohner, wir haben uns zum Ziel gesetzt, eine inklusive Gemeinde zu werden. Mit der Diakonie Kork haben wir einen der größten, wenn nicht sogar den größten Arbeitgeber der Stadt Kehl. Hier werden Menschen betreut mit verschiedenen Beeinträchtigungen, gerade sie sind auf den ÖPNV und die Bahn besonders angewiesen. Für diese Menschen, aber auch für unsere älteren Mitbürger, die einen Rollstuhl oder Rollator brauchen, sind die beiden Übergänge eine Herausforderung, alles andere als sicher und ohne Hilfe oder Begleitung kaum zu überqueren, wenn man sich den Weg mit dem Auto und besonders dem Schwerlastverkehr teilen muss.

Wenn man bedenkt, dass diese Linie zum einen noch an Bedeutung zunehmen soll, nicht nur im Schienenfernverkehr, sondern auch im Nahverkehr, (Straßburg und Offenburg streben ja eine engere Taktung der Verbindung an) und zum anderen immer mehr Menschen auf die Bahn, als ökologisch sauberes  Fortbewegungsmittel, wechseln sollen, so ist es notwendig, diese Übergänge zu beseitigen, um ein sicheres Zu- und Aussteigen, aber auch ein sicheres Kreuzen der Bahnlinie, zu gewährleisten.

Ich bin sehr glücklich, dass wir hier heute nun eine Planungsvereinbarung unterzeichnen können, um die beiden Übergänge zu beseitigen und alternative Planungsvarianten zu entwickeln. Für die weitere Entwicklung und die Zukunft von Kork ist dies die wichtigste Grundlage für weitere Planungen in den kommenden Jahren.