Schottergärten

Stadt und Gartenbauunternehmen einig: Schottergärten sind schlecht für Umwelt und Klima

Eigentlich müsste das Thema längst erledigt sein, denn: Das Anlegen von Schottergärten ist seit 2020 verboten. Dennoch entstehen in Kehl immer wieder neue Steinwüsten, die an heißen Tagen die Temperaturen noch nach oben treiben und Insekten nichts zu bieten haben. Die Stabsstelle Nachhaltige Stadtentwicklung hat Gartenbauunternehmen aus Kehl und Umgebung zum Gespräch eingeladen und siehe da: Alle sind sich einig, dass Schottergärten nur negative Auswirkungen haben.

Noch ein bisschen dauert es, dann wird sich die wasserdurchlässige Fläche unter dem Anker und Schiffsschraube in der Großherzog-Friedrich-Straße begrünen. "Der Samen wird sich einstreuen", erklärt Frank Wagner, stellvertretender Leiter des Betriebshofs.

Trotz des Verbots durch das Naturschutzgesetz, „bemerken wir in Kehl, dass die Zahl der Schottergärten wieder zunimmt“, führte Stabsstellenleiterin Kora Herrmann ins Gespräch ein. Die mit Steinen bedeckten Flächen sind vor allem fürs Stadtklima ein Problem: An heißen Tagen, die zahlenmäßig über die Jahre weiter zunehmen, heizen sie sich auf – und halten die Temperatur auch nachts hoch, während Grünbereiche kühlende Wirkung entfalten. Ziel des Gesprächs mit den Gartenbauunternehmen war es, gemeinsam zu erreichen, dass Hauseigentümer anstelle von Schotterflächen lieber naturnahe Gärten anlegen.

Für die Inhaberinnen und Inhaber der Gartenbaubetriebe ist die Sache klar: Sie raten ihren Kunden grundsätzlich von Schottergärten ab. Die aber plage häufig die Sehnsucht nach einem pflegeleichten Umfeld um ihr Haus. Dass ein Schottergarten eine solche Sehnsucht erfülle, sei kurz gedacht, machten die Expertinnen und Experten deutlich: Obwohl eine Folie das Erdreich abdecke, verkrauteten die Steine rasch: „Spätestens nach zehn Jahren sieht das verdreckt aus“, berichtete einer der Gartenbauer aus Erfahrung. Dennoch habe sein Unternehmen noch keinen einzigen Schottergarten wieder zurückgebaut. Bei einem anderen Gartenbaubetrieb gab es diesen Fall einmal: nachdem der Hausbesitzer einen Brief von der Stadt bekommen habe, in dem auf das Verbot hingewiesen und der Rückbau gefordert worden war.

Hauseigentümer, die unbedingt einen Schottergarten wollten, könnten auch die Gartenbauprofis nicht davon abbringen, bedauerten diese: In Baumärkten gebe es mittlerweile komplette Sets, mit denen man die Steinwüsten vor seiner Haustür selbst anlegen könne. Viele Menschen wünschten sich Schottergärten, weil sie keine Ahnung von Pflanzen hätten und nicht wüssten, wie damit umzugehen sei. Die Gartenbauunternehmen empfehlen in solchen Fällen Wildblumenwiesen: Die sind unkompliziert, müssen nicht gepflegt, sondern nur im Spätherbst einmal gemäht werden.

Im Moment ist der Streifen entlang der Großherzog-Friedrich-Straße einfach nur grün, nur die ersten Wildblumen zeigen ihre Blüten. Schon bald wird sich die Fläche in eine bunte Blumenwiese verwandeln.

Einen Schottergarten zu begrünen, sei zwar möglich, wenn man viel Substrat draufpacke, die Gartenbauprofis raten aber, diesen lieber komplett abzuräumen, schon wegen der Verkrautung zwischen den Steinen, aber auch Folie oder Flies sollten besser entfernt werden, bevor ein naturnaher Garten angelegt wird.
Weil es vielen Hausbesitzern wichtig sei, dass es rund herum vor allem sauber aussehe, nehme die Nachfrage nach gepflasterten Flächen zu, berichteten die Gartenbauunternehmer aus ihrem Arbeitsalltag. Deshalb wolle auch kaum noch jemand die für Vögel und Kleintiere wertvollen aus mehreren Straucharten bestehenden Hecken setzen. Kirschlorbeer und Glanzmistel seien die Nachfolger der Thuja, weil sie auch im Winter keinen Einblick in den privaten Garten eröffneten. Vor allem gefragt seien jedoch Metallzäune, durch die Kunststoffbänder als Sichtschutz gewunden würden.

Gut angenommen werde von Hausbesitzern zwar die extensive Dachbegrünung auf Garagen oder Fahrradschuppen, sagen die Gartenbaufachleute – auf den Hausdächern selber gebe es jedoch noch viel zu wenig davon, bedauert Kora Herrmann. Dass sich Dachbegrünung und Photovoltaikanlagen kombinieren lassen, sei wiederum vielen Menschen nicht klar, wussten die Inhaberinnen und Inhaber der Gartenbaubetriebe zu berichten. Während Interessenten für Dach- oder Fassadenbegrünung einen Zuschuss von der Stadt bekommen können, wenn sie sich beraten lassen, gibt es das für eine naturnahe Gartengestaltung noch nicht. „Wir überlegen, ob wir das nicht mit aufnehmen sollen“, sagt Stabsstellenleiterin Kora Herrmann.

Die Inhaberinnen und Inhaber der Gartenbaubetriebe zeigten sich im Gespräch offen dafür, ihre Kunden künftig über die städtischen Förderprogramme zu informieren. Wer sich über naturnahe Gartengestaltung kundig machen möchte, dem empfehlen sie die Galabau-Internetseite.

Von der Stadt wünschen sie sich, dass in die Pflanzliste für Neubaugebiete vor allem klimaresistente Gewächse aufgenommen werden. In ihren Grünanlagen sammelt die Stadt bereits Erfahrungen mit solchen Baumtypen – ein Beispiel ist der Klimahain im Garten der zwei Ufer.

Info

Die Ausstellung „Tatort Garten“ im UFO im Garten der zwei Ufer zeigt, wie die Natur aus Siedlungsräumen Begegnungsräume machen kann. Außerdem wird erklärt, wie versiegelte Gärten und Plätze das Artensterben beschleunigen. Zugänglich ist die Ausstellung bis 12. Mai immer samstags, sonntags sowie an Feiertagen, jeweils von 14 bis 17 Uhr.

Die Stadt Kehl fördert klimaangepasstes Wohnen, wozu auch die Entsiegelung von Flächen gehört. Informationen und das Antragsformular gibt es unter Fördermöglichkeiten.