Zehn Jahre Repair Café

Zehn Jahre: Repair Café feiert Jubiläum

Unter dem Motto „Gemeinsam reparieren statt alleine wegwerfen“, fand in der ehemaligen Wilhelmschule am 19. September 2015 erstmals in Kehl das Repair Café statt. Fast zehn Jahre sind vergangen, seit Kehlerinnen und Kehler an jedem dritten Samstag im Monat bei Kaffee und Kuchen ihre reparaturbedürftigen Gegenstände wie Toaster, Hosen oder Staubsauger von Ehrenamtlichen instand setzen lassen. Aus diesem Anlass lädt das Repair Café am Samstag, 19. Juli, zur Jubiläumsfeier im Hof der Wilhelmschule ein.

Ruth Ibach kümmert sich beim Repair Café gemeinsam mit ihren Kolleginnen um die mitgebrachten Textilien. 

Der Andrang bei der Premiere war groß: 30 Kehlerinnen und Kehler kamen an jenem Samstag, um sich bei Reparaturen helfen zu lassen. Organisiert von der damaligen städtischen Klimaschutzmanagerin, war das Ziel, ein Zeichen für die Nachhaltigkeit zu setzen und noch brauchbare Gegenstände vor dem Müll zu bewahren. Zehn handwerklich geschickte Helferinnen und Helfer hatten sich damals dazu bereit erklärt, an dem Projekt mitzuwirken.
Heute – fast ein Jahrzehnt später - ist Karola van Kampen immer noch dabei. „Ich nähe, flicke, stopfe“, erzählt sie. Gemeinsam mit Helga Schmidt und Ruth Ibach – vor sechs Jahren zum Repair-Café-Team dazugestoßen – kümmert sie sich um die mitgebrachten Textilien. Gerissene Reißverschlüsse und Nähte, durchgescheuerte Jeans oder gelöste Knöpfe – alles bekommt bei ihnen eine zweite Chance. Auch zehn Jahre nach dem ersten Repair Café ist für Karola van Kampen der Nachhaltigkeitsgedanke noch genauso relevant wie früher, vielleicht sogar noch wichtiger. „Wir sollten eben nicht alles immer gleich wegwerfen, sondern einem zweiten Leben zuführen“, findet die ehemalige Hauswirtschaftslehrerin. Zum Beispiel könne man Hosen von Kindern flicken und sie als Spielehosen nochmals brauchbar machen. Auch Ruth Ibach plädiert für ein bewussteres Konsumverhalten: „Ich würde mir wünschen, dass hochwertigere Kleidungsstücke gekauft werden und nicht nur ein T-Shirt für einen Euro, das einmal getragen und dann weggeworfen wird“, sagt die Honauerin. „Und dass die hochwertige Kleidung besser gepflegt wird, um sie länger tragen zu können“, ergänzt Karola van Kampen. Es sei nämlich diese „Wegwerfgesellschaft“, die sie besonders bedenklich fände. Dass das Repair Café von der Stadt und den Mitarbeitenden der Stabsstelle Nachhaltige Stadtentwicklung organisiert wird, ist für sie nicht selbstverständlich: „Sie kümmern sich um die Räume, das Material, alles, was wir brauchen“, erklärt Ruth Ibach. „Wir müssen im Grunde einfach nur verlässlich da sein“, schmunzelt sie.

Neben dem Textilbereich stehen bei den monatlich stattfindenden Veranstaltungen auch Helfer für andere Reparaturen bereit. Einer von ihnen ist Werner Bieser. Der 72-Jährige ist seit dem allerersten Repair-Café dabei und bringt seither regelmäßig Elektrogeräte, Spielzeug oder Fahrräder wieder zum Laufen. „Ich versuche auch zu Hause, Dinge selbst zu reparieren – wenn es möglich ist“, erzählt er. Am liebsten arbeitet er an älteren Geräten. Die seien oft einfacher aufgebaut. „Neue Geräte sind heute leider meist nicht für Reparaturen ausgelegt“, sagt er. Viele Hersteller böten zudem keine Ersatzteile zu fairen Preisen an. Im Laufe der Jahre hatte Werner Bieser schon viele defekte Gegenstände auf seinem Reparaturtisch liegen. Besonders in Erinnerung geblieben ist ihm eine sprechende Puppe: „Als sie plötzlich wieder sprach – das habe ich nur einmal erlebt“. Doch nicht jede Reparatur ist erfolgreich – und das sei auch in Ordnung, findet der Hobbybastler. „Die Leute haben dann zumindest Gewissheit, bevor sie Geld für ein neues Gerät ausgeben.“ Gleichzeitig müsse aber auch nicht jedes funktionierende Altgerät weiterverwendet werden. Heute gebe es oft energieeffizientere Alternativen: Da könne sich ein Neukauf durchaus lohnen. Auch nach zehn Jahren, betont Werner Bieser, liege ihm das Projekt Repair Café immer noch am Herzen. „Und das geht den anderen genauso“, ist er sich sicher.

Besondere Angebote zum Jubiläum

Die Jubiläumsfeier am Samstag, 19. Juli, findet im Innenhof der Wilhelmschule statt. Eröffnet wird die Veranstaltung um 11 Uhr vom Ersten Beigeordneten Thomas Wuttke. Bis 16 Uhr gibt es neben dem gewohnten Reparaturangebot auf Spendenbasis den ganzen Tag über Nähworkshops, bei denen Interessierte zum Beispiel Taschen nähen, Hosen kürzen oder ihre Lieblingssocken retten können. Bei einem Kurs jeweils um 12 und um 14 Uhr kann die Kunst des Fermentierens und das Haltbarmachen vom Gemüse erlernt werden. Um Anmeldung wird gebeten unter klimaschatz@stadt-kehl.de. Neben dem üblichen Kaffee und Kuchen gibt es weitere Essensangebote: Ein Food-Truck verkauft Falafel, zudem bietet der Förderverein der Albert-Schweizer-Schule Waffeln und Getränke an. Weil die Computerfreunde sowie die Vélostation Strasbourg und die Fahrradwerkstatt der Kehler Flüchtlingshilfe zu Gast sind, können auch Fahrräder und Mobilgeräte wie Handys, Tablets und Laptops mitgebracht werden. Ebenfalls vor Ort sind die Repair Cafés aus Willstätt und Straßburg.

Hilfe ist immer willkommen

Es werden immer Freiwillige, besonders mit Erfahrung im elektronischen Bereich gesucht. Wer Lust hat, tatkräftig mitzuhelfen, kann sich per E-Mail (klimaschutz@stadt-kehl.de) bei der Stabsstelle Nachhaltige Stadtentwicklung melden.

Videointerview mit Karola van Kampen und Ruth Ibach