Projekt "Natur nah dran"
Winterquartiere für Insekten: Warum verblühte Pflanzen jetzt stehen bleiben dürfen
Vertrocknet, verblüht und struppig: So sehen zunehmend einige Flächen in Kehl aus, die vor wenigen Wochen noch in voller Blüte standen. Was auf den ersten Blick unordentlich wirken kann, erfüllt jedoch eine wichtige ökologische Funktion. Denn die vom Betriebshof eingerichteten Natur-nah-dran-Flächen und alle weiteren Flächen in den Stadtbezirken und den Ortsteilen, die zur Zeit sich selbst überlassen scheinen, bieten in der kalten Jahreszeit wertvolle Rückzugsorte und Nistquartiere für Insekten und dienen Vögeln als natürliche Nahrungsquelle.
Verblühte Stauden und vertrocknete Gräser sind alles andere als nutzlos. „In ihren hohlen Stängeln können Wildbienen, Schmetterlinge oder Käferlarven überwintern. Samenstände liefern Vögeln wie Finken oder Meisen wertvolle Nahrung, und Spinnen und andere Kleintiere finden Schutz in Blattrosetten“, weiß der stellvertretende Betriebshofleiter Frank Wagner. Was für den Menschen oft ungepflegt wirken kann, ist also aus ökologischer Sicht ein wichtiger Beitrag zum Artenschutz. Damit die Insekten ungestört überwintern können, bleiben Staudenbeete und Säume deshalb bis zum Frühjahr unangetastet. Erst wenn die Temperaturen steigen, wird wieder gemäht.
Um Passantinnen und Passanten zu informieren, dass die scheinbar wilden Flächen bewusst so gestaltet sind, hat der städtische Betriebshof an den vier Kehler Natur-nah-dran-Flächen in der Vogesenallee und der Richard-Wagner-Straße Hinweisschilder aufgestellt. Diese erklären, dass das Stehenlassen von Wildpflanzen kein Zeichen mangelnder Pflege ist, sondern einen wichtigen Beitrag gegen das Insektensterben darstellt.
Bereits im Jahr 2019 hat Kehl im Rahmen des Kooperationsprojekts „Natur nah dran” des NABU und des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg Grünflächen mit insgesamt 500 Quadratmetern in artenreiche Wildpflanzenbiotope umgewandelt und orientiert sich an den Grundsätzen des Projekts: heimische Pflanzenarten statt exotischer Zierpflanzen, weniger Pflegeeingriffe und eine gezielte Förderung von Lebensräumen für Insekten und Vögel. Dadurch entstehen kleine, aber wirkungsvolle Oasen der Biodiversität. Auch Bürgerinnen und Bürger können einen Beitrag leisten und im eigenen Garten abgestorbene Pflanzen erst ab Mitte März entfernen. Dann erwacht das Leben wieder, und die Insekten verlassen ihre Verstecke.

